Übernahme Tierarztkosten (Fundtiere)
Verletzte, erkrankte, verwahrloste aufgefundene Haustiere
Einleitung:
Die öffentliche Sicherheit und Ordnung umfasst die Gesamtheit der vorhandenen Regeln, insbesondere der geschriebenen Rechtsordnungen: Das Tierschutzgesetz ist mithin Teil der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Gefahrenabwehrgesetz für Tiere). Dessen Schutzzweck beinhaltet u.a. die Abwehr von Gefahren für ein Tier bzw. die Abwehr von Gefahren, die von einem Tier für andere Tiere ausgehen (§ 16a TierSchG). Aus diesem Grund sind auch die Vorschriften des „Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz“ (NPOG) anzuwenden.
Sofern eine Gefahr im Sinne des § 2 NPOG vorliegt, besteht zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die Verpflichtung zur Gefahrenabwehr durch die Organe des Rechtsstaats. Nach § 1 NPOG sind dies die Verwaltungsbehörden und die Polizei.
Entdecken also Bürgerinnen und Bürger ein Tier in einer Gefahrenlage, sind sie dementsprechend verpflichtet, sich an die Polizei oder eine andere Verwaltungsbehörde zu wenden. Nur diese beiden Instanzen übernehmen gemäß § 1 NPOG die gemeinsame Aufgabe der Gefahrenabwehr.
Die Zuständigkeit für aufgefundene Tiere liegt in Niedersachsen zunächst bei den Ordnungsbehörden der Gemeinden/Städte.
Wenn muss ich informieren?
Während der regulären Öffnunsgzeiten informieren sie zunächst die zuständige Behörde (Ordnungs-/Bürger-/Fundamt) der Gemeinde in dessen Einzugsgebiet sie die Katze aufgefunden haben.
Im Landkreis Lüneburg können sie sich auch direkt an das Tierheim in Lüneburg wenden.
Bei akuten Notfällen können sie direkt mit dem Tier bei einem Tierarzt vorstellig werden und melden dann später den Vorfall an die zuständige Behörde.
Was mach ich außerhalb der Öffnunsgzeiten der Behörden und des Tierheimers, insbsondere an Samstagen und den Sonn- und Feiertagen?
Eine verletzte, erkrankte und durch Parasitenbefall oder Hunger gezeichnete verwahrloste Hauskatze benötigt umgehend tierärztliche Hilfe. HIer können sie direkt einen Tierarzt aufsuchen.
Die erforderliche Meldung an die zuständige Behörde kann dann am nächsten Arbeitstag abgesetzt werden. Für den Landkreis Lüneburg ist in der Einsatzleitstelle des Kreises die Notfallrufnummer des Tierheimes Lüneburg hinterlegt. Die Leitstelle sorgt dafür, dass eine Mitarbeiter*In sich mit ihnen in Verbindung setzt.
Das Auffinden eines verletzten bzw. erkrankten Tieres, das akut behandlungsbedürftig ist, erfordert jedoch nicht die Abgabe auf dem Ordnungs-/Bürger-Fundamt oder an das Tierheim Lüneburg , weil eine unaufschiebbare tierärztliche Behandlung erfolgen muss, die auch durch eine Behörde angewiesen werden bzw. durch das Tierheim Lüneburg veranlasst werden müsste. Eine Abgabe erfolgt dann erst nach Abschluss der unaufschiebbaren tierärtzlichen Behandlung.
Was ist eine unaufschiebbare tierärztliche Behandlung?
Hierzu zählen unter anderem die Kosten für notwendige tierärztliche Behandlungen der Fundtiere, um deren Gesundheit zu erhalten oder wiederherzustellen. Als solche gelten Behandlungskosten für Verletzungen und akute Krankheiten sowie unerlässliche prophylaktische Maßnahmen (zum Beispiel Tollwutimpfungen, Parasitenbehandlungen, Entwurmungen).
Wer übernimmt die Kosten für tierärztliche Behandlung?
Die Kosten sind von der Gemeinde/Stadt zu übernehmen in dessen Einzugsgebiet das Tier aufgefunden wurde1.
Zu den Aufwendungen, die die Fundbehörde zu erstatten hat, gehören:
- die Kosten für eine artgemäße Unterbringung, Pflege und Ernährung im Sinne des § 2 TierSchG,
- die Kosten für eine unaufschiebbare tierärztliche Behandlung sowie
- die Kosten für unerlässliche prophylaktische Maßnahmen.
Die Erstattungspflicht für die erforderlichen Kosten der notwendigen unaufschiebbaren Behandlung besteht auch dann, wenn der Finder das Fundtier unmittelbar zu einem Tierarzt bringt. Der Tierarzt/die Tierärztin muss in diesem Fall direkt mit der Gemeinde/Stadt abrechnen. Die Tierarztrechnung muss die unaufschiebbare tierärztliche Behandlung beschreiben.
Eine Kostenübernahmeerklärung der Gemeinde/Stadt ist in diesem Fall nicht notwendig, da im Rahmen der verpflichtenden Amtsaufgabe zur Unterbringung und der Versorgung von Fundtieren auch durch die zuständige Gemeinde/Stadt eine sofortige tierärztliche Versorgung einzuleiten ist, um den gesetzlichen Vorgaben des TierSchG Rechnung zu tragen.
1Nach § 4 Nr. 11 der "Allgemeinen Zuständigkeitsverordnung für die Gemeinden und Landkreise zur Ausführung von Bundesrecht" (AllgZustVO-Kom) sind die Gemeinde und Städte für die Unterbringung von Fundsachen und somit auch für die Unterbringung von Fundtieren im Rahmen ihrer sogenannten „Allzuständigkeit“ verantwortlich. Die Gemeinden/Städte sind verpflichtet, Fundtiere entgegenzunehmen (§ 967 i.V.m. § 90a Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) und nach § 2 Tierschutzgesetz (TierSchG) eine artgemäße Ernährung, Pflege und Unterbringung zu gewährleisten.
Falls eine Gemeinde/eine Stadt die notwendige Betreuung und Unterbringung nicht selbst sicherstellen kann, hat sie die Tiere einer geeigneten Person oder Einrichtung, beispielsweise einem Tierheim, im Wege eines Auftrages nach § 662 BGB zu übergeben und die erforderlichen Aufwendungen gemäß § 670 BGB für die Versorgung der Tiere zu ersetzen.
Kann durch die zuständige Behörde die Euthansie des aufgefundenen Tieres zur Kosteneinsparung angeordnet werden?
Es liegt allein im Ermessen des behandelnden Tierarztes, welche notwendige Behandlung er vornimmt, um Schmerzen, Schäden und/oder Leiden von dem Tier abzuwenden.
"Nach dem Pflegegebot des § 2 Nr. 1 i.V. m. §1 S.2 TierSchG ergibt sich, dass die Tötung eines verletzten Tieres nur als ultima ratio zulässig ist und daher nicht erfolgen darf, solange nach tierärztlichem Urteil noch Aussichten für eine Heilung des Defektes bestehen. Für die Tötung von Fundtieren, deren Verletzungen mit Aussicht auf Erfolg behandelbar sind, gibt es keine Rechtsgrundlage....Nach der Rechtsprechung werde bei einer Katze ohne Marktwert die Grenze durch Aufwendungen von ca. 1500 Euro noch nicht überschritten. Im Einzelfall könne auch ein höherer Betrag noch verhältnismäßig sein“ (Urteil des BVerwG. B v. 28.02.2013, 8B 60/12).
Auch auf das Urteil des BVerwG vom 13.06.2019 – 3 C 28/16 zu verweisen:
Hier wird beschrieben, dass die wirtschaftlichen Interessen eines Tierhalters (die Gemeinden/Städte haben die Betreuer-/Haltereigenschaften für aufgefundene Tiere) nach der aktuellen Rechtsprechung des BVerwG ggf. dort ihre Grenzen finden, wo Belange des Tierschutzes betroffen sind. Die Tötung von Wirbeltieren ist nicht schon deshalb vernünftig im Sinne von § 1 Satz 2 TierSchG, weil sie ökonomisch plausibel sind.
Die Tötung eines Wirbeltieres ist nach dem TierSchG nur durch einen vernünftigen Grund erlaubt Eine reine Kostenbetrachtung stellt für sich allein keinen vernünftigen Grund dar.
Hinweis:
Die Übernahme von Tierarztkosten findet nur Anwendung auf aufgefundene Tiere, die üblicherweise vom Menschen gehalten werden – wie Hunde, Katzen, Ziervögel, landwirtschaftliche Nutztiere oder Tiere, die nicht den hier sonst wildlebenden Arten zuzurechnen sind.
Für Widtiere wie z. B. Igel, Waschbären, Füchse usw. werden keine Tierarztkosten durch die Behörden übernommen!